Wir alle haben sie. Unsere innere Stimme. Nicht alle
hören auf sie. Der eine verteufelt sie, da sie einen nicht davon abhalten kann in jemanden verliebt zu sein, der einen nicht will. Der andere liebt sie und vertraut ihr voll und ganz. Momentan
ist sie in aller Munde, ziert Zeitschriften-Cover und füllt Podcasts. Sie alle sagen uns, wie wichtig es ist seine inere Stimme zu finden. Auf sie zu hören. Und sie nicht zu übergehen. Aber ist
die innere Stimme eigentlich die, die einem abends wenn man alleine ist und sich einsam fühlt dazu rät, die zweite Tafel Schokolade auch noch zu essen. Die, die sich fürs längere
Arbeiten und gegen die Physiotherapie einsetzt, oder die, die einen davon abhält doch nicht mit den anderen loszuziehen, weil man sich angeschlagen fühlt und schon vorhersehen kann, wie
schlecht es einem am nächsten Tag gehen wird. Welche von all diesen Stimmen, die ja schließlich alle von Innen kommen, ist nun die richtige und vorallem die, auf die wir hören sollen?
In stressigen Zeiten, oder in Zeiten in denen es mir gesundheitlich nicht gut geht, beobachte ich immer wieder, wie ich einen
Autopiloten einschalte und vieles von dem, von dem ich mir vorgenommen habe, es zu verbessern, von meiner Liste streiche. Ich habe dann Dinge, die erledigt werden müssen und egal wie laut
irgendwelche Stimmen in mir rufen, ziehe ich mein Ding durch. Ich funktioniere dann wie eine Maschine, spule alles ab und habe meistens den Gedanken „jetzt nicht schlappmachen. Zähne
zusammenbeißen und durch“ dabei. Ich war oft so fixiert durchzuhalten, dass ich mich wie in einem Tunnel befand. Das einzige was ich sah, war das Ziel und nicht der Weg dahin, oder das, was nach
dem Ziel kommen sollte. So kam es, dass ich in den ersten Semestern meines Studiums, die Semesterzeit noch ganz gut schaffte, die Klausurenphase mit ach Krach hinter mich brachte und nach den
Klausuren dann ordentlich auf der Nase lag, eine i.v Therapie brauchte und manchmal die kompletten Semesterferien benötigte um wieder einigermaßen auf die Beine zu kommen. Nicht zu vergessen, die
Momente in den Ferien, in denen meine Kommilitonen feiern gingen, zusammen in den Urlaub fuhren, fremde Länder erkundeten und mich mit den von mir gehassten Dingen wie: „wie werde ich wieder
so fit, dass ich dass nächste Semester schaffe ohne die nächste i.v-Therapie zu brauchen“ befasste.
Ich würde sagen, in der Zeit habe ich das hinhören ganz
schön verlernt. Oder mein Ohr war für die Stimme, die ich gerne gehört hätte, taub geworden. Ich war wütend auf die Uni, die mir die Zeit stahl, auf meine Krankheit, die mich davon abhielt, dass
zu tun was ich wollte und auf mich weil ich es scheinbar nicht hinbekam, so zu sein wie die anderen. Ich hatte keine Lust auf irgendwelche Stimmen zu hören, die vielleicht vernünftig waren und
mir auch noch den "letzten Rest" verbieten wollten. Einmal mit dem Kopf durch die Wand war mein Motto. Auf meine innere Stimme hören? - Nein, danke! Ob mir irgendwas gut tat war mir ziemlich
scheißegal.
An irgendeinem Punkt, ziemlich tief unten fing ich an meine Vorgehensweise zu hinterfragen, zu überlegen ob meine Methode die Gesundheitsförderlichste ist. Ich fing an, mich mit Fragen zu
beschäftigen, die mir vorher niemals in den Sinn gekommen wären (und wenn, dann nur abends im Bett, wenn es dunkel war). Ich fragte mich, wie lange ich so weitermachen könnte. Mit 180 km/h links
auf der Überholspur des Lebens zu fahren und nichts zu hinterfragen. Ich fing an Dinge zu tun, von denen ich merkte, dass sie mir gut taten. Meine Strategien zu überdenken und mein Ohr für meine
innere Stimme zu putzen.
Mittlerweile schaffe ich es immer häufiger in mich hineinzuhorchen, mich zu fragen welche von meinen Stimmen rät mir eigentlich gerade was und auf welche soll ich hören?
Ich tue Dinge die mir nachhaltiger helfen, als auf die „Schokoladen-Stimme“ zu hören und manchmal sogar, da weiß ich schon bevor ich meiner inneren Stimme gelauscht habe, was das richtige
ist.
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