Auge um Auge und die ganze Welt wird blind (Gandhi)
Sie ist ein brodelndes, kochendes Ungetüm, dass manchmal wie aus dem Nichts kommt - unsere Wut. Sie kommt, wenn wir uns Dinge anders vorgestellt haben, wenn wir enttäuscht oder verletzt sind.
Manchmal, wenn wir vor anderen bloßgestellt werden und die Ungerechtigkeit die uns widerfahren ist, Wut in uns hochkochen lässt. Wenige können Sie zurückhalten oder besänftigen. Aus manchen
schießt es heraus, wie eine Kugel aus einer Pistole, bei anderen kocht es innen weiter. Von außen kaum ersichtlich.
Mich überkommt sie häufig, die Wut. Gerade wenn ich krank bin, Dinge anders geplant habe, oder mir gewünscht habe, dass etwas anders kommt, fällt es mir schwer die Wut, die in mir hochkocht zu beruhigen. Je nachdem, ob ich alleine bin, oder Menschen um mich herum habe, äußert sie sich unterschiedlich.
Wenn ich allein bin, fange ich häufig an zu weinen und die Ungerechtigkeit, die ich empfinde, macht mich manchmal blind, dass ich weder klar sehen kann, noch klar denken kann. Wenn andere um mich herum sind, schießt es manchmal aus mir heraus und wird erst besser wenn alles draußen ist.
Im
Nachhinein bin ich meistens mit beiden Arten meiner Wut unglücklich.
Wut ist aber nicht immer etwas Schlechtes. Eigentlich ist sie sogar etwas Tolles. Wut ist für den Menschen wie Benzin für ein Auto. Sie treibt uns an. Wut kann unsere Energie und unsere ganze
Aufmerksamkeit bündeln. Sie verleiht uns Kraft, um Dinge zu verändern, um weiterzukommen.
Ohne Wut hätten wir manchmal keine Motivation, etwas zu verändern oder uns Problemen zu stellen. Wut stellt sich häufig
als eine negative Energie dar, die immer dann in uns hochkommt, wenn wir persönlich etwas ungerecht finden. Dieses Gefühl der Wut ist also in gewisser Weise
unser Maßstab für gerecht und ungerecht.
Wir können unsere Wut auf zweierlei Arten nutzen. Wir können explodieren, losschreien und um uns schlagen. Dinge kaputtmachen und Beziehungen erschüttern. Wir können sie aber auch für etwas Gutes
nutzen, auf Wut mit Liebe reagieren. Es ist schwierig in einem Moment, in dem wir vor Wut kochen unsere Perspektive zu ändern. Den anderen oder das Leben verstehen zu wollen und gemeinsam eine
Lösung zu finden.
Die Kunst ist es, die Meinung der anderen gelten zu lassen, die Ursache des Streites oder der Wut aufzudecken und die andere Person wahrzunehmen. Ihren Standpunkt zu sehen und auch verstehen zu
wollen ohne der anderen Person dabei das Feld zu überlassen und als Verlierer vom Platz zu gehen. Denn eigentlich sollte es nicht ums gewinnen oder verlieren gehen, sondern darum, gemeinsam und
unbeschadet einen Konflikt zu klären. Genauso ist es, wenn man nicht verstehen kann, warum etwas passiert, warum der Körper nicht so kann wie man es sich wünscht. Auch hierbei geht es darum,
einen Schritt zurückzutreten und die Situation von einem anderen Standpunkt zu betrachten. Auch ich merke manchmal was mir die Wut sagen will, meistens nämlich, dass etwas nicht stimmt. Dass ich
vielleicht nicht auf meine innere Stimme gehört habe, oder dass ich etwas nicht mehr möchte, wie es ist.
Manchmal
schaffe ich es, der Stimme zuzuhören, innezuhalten und die Situation oder mein Gegenüber wahrzunehmen. Andere Male ist die Kraft der Wut so groß, dass ich sie nicht halten kann. Dann versuche ich
zumindest im Nachhinein zu verstehen, was passiert ist. Nicht nur mich und meinen eigenen Schmerz, sondern auch mein Gegenüber oder die Situation zu sehen. Es kostet häufig Überwindung, dies zu
tun. Aber oft lernt man gerade daraus und schafft es dann, in einer nächsten Situation anders zu handeln.
Wir bekommen so oft beigebracht, für unsere Meinung zu kämpfen und Ungerechtigkeit geltend zu machen. Wir lernen, dass jemand der sich ungerecht behandelt fühlt, laut wird und unkontrolliert
wütet.
Wir denken, wenn wir laut werden hören die anderen uns eher zu. Wir lassen sogar zu, dass wir die Liebsten um uns herum verletzen, weil wir die Wut nicht halten können und es aus uns herausbricht
und es nicht wieder gutzumachen ist. Oder wir schlucken die Wut hinunter. Dann wird man von seinem Zorn verzerrt und kann sich auf nichts anderes mehr konzentrieren.
Dabei vergessen wir manchmal, dass unsere Wut die etwas kaputtmacht, wie die Kugel, die nie wieder in die Pistole zurückkehrt.
Mahatma Gandhi hat gesagt, wir sollten die Wut als eine Art Warnung nehmen, dass etwas nicht stimmt. Wir sollten versuchen für unsere Wut dankbar zu sein und sie als Wegweiser nehmen. Uns bewusst
machen, dass wir etwas verändern wollen. Die Energie, die die Wut in uns auslöst so einsetzen, dass wir unser Ziel erreichen, ohne dabei etwas kaputt zu machen oder jemanden zu verletzen. Das ist
eine große Herausforderung. Ein Prozess, der lange dauert.
Starten können wir damit, die Wut als eine Emotion zu sehen, die nicht nur negativ ist, sondern auch positive Seiten hat.
Uns daran zu erinnern, dass Wut uns helfen kann, voranzukommen, Dinge zu verändern und zu wachsen. Sie als Kraftstoff sehen und überlegen, wofür wir diesen Kraftstoff noch einsetzen könnten als
ihn einfach um uns herumzuschleudern. Worum es geht, ist es, zu lernen, zwischen Wut und Reaktion einen Raum zu schaffen. Einen Raum, in dem wir uns bewusst werden, woher die Wut kommt. Wofür wir
die Energie, die durch die Wut entsteht, nutzen können und zu guter Letzt zu lernen, die Wut als eine Emotion zu bewerten, die uns weiterbringt.
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