Auch wenn es niemand so recht zugeben mag, tun wir es doch alle:
Wir vergleichen uns.
Es hat ja auch seine guten Seiten, es kann uns pushen und uns voranbringen. Es kann eine ungeheure Kraft in uns freisetzen, etwas zu erreichen. Es kann sich aber auch schrecklich schmerzvoll anfühlen und uns dazu bringen, nicht mehr glücklich mit dem zu sein, was wir haben und wer wir sind. Dann wird der Vergleich zu einem Problem.
Wir alle schauen zu den Anderen rüber. Wir schauen, was sie haben, was sie machen und wie erfolgreich (egal in welchem Lebensbereich) sie sind.
Das ist normal, wir sind schließlich soziale Wesen. Aber dieser Vergleich kann auch dazu führen, dass das Gras auf der anderen Seite des Zauns immer grüner ist als unseres und wir unglücklich darüber werden, dass andere immer grüneres Gras haben als wir. Denn eins ist sicher: Egal wie viel wir haben und wie erfolgreich wir sind, es wird immer jemand anderen geben, der noch mehr hat und noch erfolgreicher ist, als wir. Wenn wir uns also so vergleichen, dass die anderen besser dastehen als wir, werden wir auf kurz oder lang unzufrieden mit dem, was wir haben. Wir bekommen das Gefühl, wir hätten nicht genug, seien nicht erfolgreich genug oder noch schlimmer, wir selbst seien nicht gut genug. Diese Gefühle sind unheimlich schmerzhaft. Denn wenn wir einmal damit angefangen haben uns mit Anderen zu vergleichen, wird dies zu einer Gewohnheit und irgendwann kommen wir nicht mehr raus aus diesem miesen Gefühl. Es ist ein Gefühl, dass die Empfindung in uns verursacht, wir seien nicht sportlich, nicht erfolgreich oder generell nicht gut genug so wie wir sind. Wir seien nicht so viel wert, alle anderen aber schon. Das alles kenne ich zu gut - doch dazu später mehr. Das ständige Vergleichen ist wie ein Teufelskreis, der kein Ende zu haben scheint. Wir wissen zwar, dass es uns nicht guttut, oder würden es vielleicht sogar gerne lassen, wir wissen aber nicht wie.
Für chronisch Kranke – also auch für mich - fühlt sich dieser Vergleich manchmal wie ein Kopfschuss an. Es gibt nämlich immer (und zwar wirklich immer und überall) andere, die gesünder, fitter, sportlicher, aktiver oder erfolgreicher sind als wir. Die Messlatte die man in diesem Fall anlegt, ist utopisch. Das kann sich jeder denken und trotzdem tun wir chronisch Kranken es alle. Manche mehr, manche weniger. Die einen tangiert es nicht so sehr, andere leiden unglaublich doll. Ich selber habe mich mein ganzes Studium mit meinen gesunden Kommilitonen verglichen. Ich habe mich so oft gefragt, warum andere bessere Leistungen erbringen können als ich. Mittlerweile weiß ich, dass das ein blöder Vergleich ist. Trotzdem habe ich jahrelang darunter gelitten und obwohl ich wusste das es nicht gut ist (ich studiere ja schließlich Psychologie, ein Studium, in dem man so etwas eigentlich lernt) habe ich es getan.
Wie also durchbreche ich diesen Teufelskreis? Zuerst einmal mit der Erkenntnis, dass nicht alle Vergleiche schlecht sind. Es kommt auf die Art des Vergleiches an. Es gibt nämlich auch Vergleiche, die uns Kraft geben und uns motivieren! Wir können versuchen, einen anderen Vergleich herzustellen. Wir können uns zum Beispiel Gleichgesinnte suchen, die ein ähnliches Problem oder Päckchen zu tragen haben, oder auch Menschen, die wir kennen, denen es ähnlich geht, oder denen es vielleicht sogar schlechter geht als uns. Menschen, die vielleicht weniger haben und trotzdem mit großem Herzen und viel Lebensfreude durchs Leben gehen. Wir können uns von diesen Menschen inspirieren lassen und an sie denken, wenn wir mal wieder in den negativen-Vergleichsstrudel gezogen werden. Wir können uns aber auch Vorbilder suchen, zu denen wir aufblicken. Vorbilder, die unsere Werte verkörpern und die uns dazu motivieren, unseren Weg zu gehen. Im Idealfall sind das dann Menschen, die uns motivieren nicht aufzugeben, wenn es uns nicht gutgeht, wenn wir am liebsten alles hinschmeißen würden. Diese Art von Vergleich hilft uns, den Fokus auf die wichtigen Dinge im Leben zu lenken und zwar auf die Dinge, die uns glücklich machen.
Mir können Vergleiche Mut machen. Sie können mich bestärken und manchmal können sie mir sogar helfen, wenn ich einen neuen Weg einschlage. Vergleichen ist menschlich und ich finde, sich dafür schlecht zu machen, bringt uns auch nicht weiter. Denn darauf kommt es doch an, oder? Weiterzukommen und einen Weg zu finden, mit dem man zufrieden ist.
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Harald (Samstag, 25 Mai 2019 06:43)
Danke für deine Gedanken liebe Carina. Das war gerade super inspirierend für mich. Habe ich mich doch immer in einer negativen Art und Weise mit anderen verglichen: mich gut gefühlt, wenn ich besser war (z.B. beim Joggen um den See andere überholt habe) oder mich schlecht gefühlt, wenn ich in meiner Vergleichsgruppe zu den Schlechteren gehört habe. Nun begreife ich, dass es gut ist, mir Vorbilder zu suchen, nicht nur so ganz außerordentlich tolle Leuchttürme wie Nelson Mandela oder Weltmeister, sondern auch Menschen die nur ein paar Schritte vor einem sind. Und dann an diese Menschen mit Dankbarkeit denken und eigene Leistungen auch anderen zu widmen (in Dankbarkeit den Vorbildern für ihr Mutmachen und aber auch denen, die nach einem kommen, um ihnen Mut zu machen, dass sie es auch können und dürfen). So entsteht ein ganz neues Bild von mir und den Menschen um mich. Ich bin nicht länger allein im Konkurrenzkampf mit anderen, sondern ich bin Teil einer sehr großen Gruppe (vielleicht fühle ich mich so sogar irgendwann mit allen Menschen verbunden), in der alle wichtig und geliebt sind und ich darf mich auch so fühlen. Wow! Danke.